Anna Winde - Performance & Regie

Rechercheprojekte 2022 und 2021
gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.

2022

Die Milch macht’s nicht mehr….A TrueCrimeMilkCast

Seit wann gilt Milch eigentlich als nicht mehr gesund? In den 1980er-Jahren in Deutschland aufwachsend, galt Milch als eine der Säulen gesunder Ernährung, war fest in der Basis der Lebensmittelpyramide verankert und Süßigkeiten- Hersteller*innen warben “mit dem Besten aus einem Glas Milch” für ihre zuckrigen Snacks.
2022 ist das Bild verschoben, Influencer*innen warnen vor Verschleimung, Ernährungswissenschaftler*innen empfehlen den Milchkonsum nur sehr eingeschränkt und ein gesellschaftliches Bewusstsein, das industrielle Viehhaltung kritisch betrachtet und sich um Nachhaltigkeit und Ökologie sorgt, ist in den Vordergrund getreten. Traditionelle familiengeführte Milchbetriebe kämpfen um ihr Image und ihr Überleben, während große Konzerne wirtschaftlichen Druck auf sie ausüben und die Politik radikales Vergrößern begünstigt. Wieso hat sich die Stimmung so gedreht, wie sich die Fronten so verhärtet?

In einer investigativen Recherche gehe ich dem System Milch auf die Spur. Ich besuche Bauernhöfe und Milchkonzerne, spreche mit Milchbauern und Politiker*innen, mit Großkonzernen, Anti-Milch-Aktivist*innen und Ernährungswissenschaftler*innen. Mit einem Audioaufnahmegerät ausgerüstet, mache ich mich auf die Suche nach den Hintergründen und frage mich, wer eigentlich das Image von der gesunden Milch gekillt hat.

Die Recherche orientiert sich in Dramaturgie und Form an einem True-Crime-Podcast. Gemeinsam mit dem Theatermacher Stefan Mießeler untersuche ich das Netz der Verstrickungen und Abhängigkeiten um den größten Betriebszweig deutscher Landwirtschaft. Big Milch Business!

2021

THE WORLD IS A VAMPIRE (AT) – eine künstlerische Recherche über Depression als Gesellschaftszustand

Ausgehend von dem Essay ‚Die Müdigkeitsgesellschaft‘ von Byung-Chan Han recherchiere ich insbesondere über die Ausweitung der Krankheit auf Kinder und Jugendliche. Wenn schon die Jungen und Jüngsten unserer Gesellschaft betroffen sind, was bedeutet dies für unser Miteinander, für unsere Zukunft? Inwiefern hat die Pandemie bereits bestehende Probleme verstärkt? Im Mittelpunkt steht das Fehlen sozialer Übungsfelder und damit verbundener unterdrückter Emotionen der Betroffenen, sowie deren Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit. In diesem Zusammenhang werden auch Jugendbewegungen, wie FridaysForFuture, in die Auseinandersetzung miteinbezogen. Nach intensiver themenbezogener Recherche durch Fachliteratur und Interviews mit Experten, wird die Entwicklung eines stark audio-visuell und choreographisch geprägten Theaterkonzeptes angestrebt.

INDRA (AT) – Konzeptentwurf für eine performative Installation zu Genderidentität

Was bedeutet praktisch gelebte Gender-Fluidität? Wie kann man heutzutage Kinder erziehen ohne im Alltag längst überholte Geschlechtermodelle zu performen? Wie geht Undoing Gender und wie Selbstdefinition jenseits von gesellschaftlichen Erwartungen und biologischen Dispositionen?
Zusammen mit meinem Cousin Indra, welcher seit einigen Jahren als Mensch zwischen den Geschlechtern lebt, begebe ich mich auf die Suche nach gemeinsamen Schnittstellen und Diskrepanzen in den Biografien, nach Erfahrungen mit Hormonumstellungen und Selbstwahrnehmung. Dabei widmen wir uns sowohl der Konstruktion von Männlichkeit innerhalb der eigenen familiären Strukturen als auch dem Diskurs über Trans_ als mögliche subversive Subjekte mit revolutionärem Potenzial. Bei Letzterem wird die Existenz von Transgender als Katalysator für die Überwindung einer zweigeschlechtlichen und heteronormativen Ordnung angesehen und häufig auch instrumentalisiert. Ziel ist es diese Fragen künstlerisch aufzugreifen und eine performative Installation aus den Rechercheergebnissen zu entwickeln.